Obdachlos (er)
Es war im November, da sah ich ihn zieh'n.
Die Lichter erstrahlten schon rings in der Stadt,
es war windig und kalt, und ich fragte: Wohin
geht ein Mann, der nirgends sein Bett stehen hat?
Ein Schlafsack, ein Koffer mit Kordel verschnürt,
ein Karren mit hüpfenden Gummireifen.
Gebeugt geht ein Mensch, der die Blicke nicht spürt,
die scheu aus der hastenden Menge ihn streifen.
Hat er einen Namen? Ist er jung oder alt?
Ob er Hoffnungen, Wünsche und Träume gar hat?
Ist er nur ein Niemand in Menschengestalt,
im tristen November ein welkendes Blatt?
Niemand schaut, und doch hat ihn jeder geseh'n
den Mann ohne Namen in lumpigem Kleid.
Verdrängen und schnell seines Weges geh'n!
Vielleicht ist er Schuld an dem eigenen Leid?
Es war im November, da sah ich ihn zieh'n
und sein Karren er schepperte hinter ihm drein.
Wenn er stirbt, wer vermißt oder trauert um ihn?
Ein and'rer wird seinen Karren zieh'n.
Und mehr wird nicht sein.
© 1998 Christine Zickmann
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