Abschied


Der erste Abschied ist lang her.
Das Bündel war zur Flucht geschnürt,
mein abgegriff'ner Teddybär -
hat er den Abschiedsschmerz gespürt?
Mein Rucksack war genau so groß
wie ich und viel zu schwer.
Der Teddy blieb, er war ja bloß
ein abgeschabter Bär.

Der Abschied von der Großmama.
Da war zum ersten Mal der Tod.
Nie mehr die Hand in meinem Haar
zu glätten alle Kindernot.
Da war ihr Duft noch zart im Raum,
der Stock, das braune Kleid
und schmerzlich formt an Todessaum
sich eine neue Wirklichkeit.

Abschied vom Schwarm der Schülerschar,
vom Schutz der jungen Herde,
vom Elternhaus, daß Jahr um Jahr
ein Mensch behutsam werde.
Abschied von mancher Illusion
vom Fluge der Gedanken,
und manchmal ist des Abschieds Lohn
ein Glück in sich'ren Schranken.

Abschied heißt es auf Schritt und Tritt
von Liebe, Freunden, Zeit.
Abschied geht wie ein Schatten mit,
trennt Zukunft von Vergangenheit.
Bleibt bis zur letzten Sprosse treu,
bereitet Schmerz und Klagen
bei jedem Abschied stets auf's neu'
wie in den ersten Tagen.


© 1998 Christine Zickmann




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